Oschütztal-Viadukt bei Weida

Eine ingenieurtechnische Meisterleistung

Ein Streit der preußischen und sächsischen Staatsbahn führte Ende des vergangenen Jahrhunderts zur Entstehung einer eingleisigen Eisenbahnlinie über das Tal des Oschützbaches. Ziel war, die Strecke über Weida-Altstadt nach Mehltheuer an den Gemeinschaftsbahnhof Weida anzubinden. Dieser "Hauptbahnhof" wurde von der preußischen Eisenbahn verwaltet, hatte jedoch einen sächsischen Teil, da die sächsische Staatsbahn die Strecke Weida - Werdau betrieb. Die Preußen wollten die Strecke nach Mehltheuer über den geschütteten Bahndamm führen und in ihren Teil des Bahnhofs einmünden lassen. Da dieser geschüttete Damm des Öfteren ins Rutschen geriet, entschieden sich die Sachsen zum Bau eines Viaduktes über das Oschütztal. Die Strecke mündete in einem Bogen in den sächsischen Teil des Weidaer Bahnhofs ein. Mit der Leitung der Bauarbeiten wurde der Geheime Finanzrat Köpcke beauftragt. Ingenieur Krüger projektierte die Gitterbrücke auf pendelnden Pfeilern. Die Pendelstützen sind gelenkig angeordnet, so dass sie Schwankungen beim Befahren der Brücke oder bei Temperaturänderungen ausgleichen können. Eine Pendelstützenbrücke dieser Größenordnung - 185 m lang und 28 m hoch - wurde zur damaligen Zeit erstmals in Deutschland errichtet. Es war die Zeit, als ein gewisser Eiffel in Paris einen Turm baute, dessen Gitterkonstruktion Ingenieur Krüger inspiriert haben muss. Am 1. Oktober 1894 war das ingenieurtechnische Meisterwerk fertig. Fast 100 Jahre lang rollten Züge über den Viadukt. Die ständig gestiegenen Lasten machten zunächst den Einbau eines Mittelträgers in sämtlichen Überbauten und das Anbringen von zusätzlichen Aussteifungen in die Pendelstützen erforderlich. Das war schon 1915. Trotzdem war bald die Grenznutzungsdauer erreicht. Am 22.September 1983 fuhr der letzte planmäßige Personenzug über den Viadukt. Die neuverlegte Strecke führt am Bahnkörper der Linie Weida - Saalfeld entlang und bindet hinter dem Viadukt in die Strecke Werdau - Weida - Mehltheuer ein. Heute hat der Viadukt als Schienenverkehrsanbindung längst ausgedient. Da er aber eines der bedeutendsten Brückenbauwerke dieser Art in Deutschland ist, wurde der Oschütztal-Viadukt als Technisches Denkmal unter Schutz gestellt. Im Ortsbild der Stadt Weida dominiert dieses Industriedenkmal, das auch von verkehrsgeschichtlicher Bedeutung für das Land ist. Das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege hat eine Studie in Auftrag gegeben, die zu dem Ergebnis kommt, dass eine Sanierung ca. 1,75 Millionen Euro kosten würde. Eine halbe Million würde der Abriss kosten. Der Abriss steht jedoch überhaupt nicht zur Debatte, zumal laut Gutachten und letzter Hauptprüfung in den nächsten Jahren keine Gefährdung vorliegt. Der Viadukt ist noch zu retten! Würde man die 1915 eingebauten Stützelemente beseitigen und die immer noch liegenden Bahngleise entfernen, würde die Gitterbrücke erheblich entlastet. Bringt man dann einen leichten Deckenbelag auf, so könnte ein Fuß- und Radweg entstehen.

 

Die Bilder wurden freundlicherweise von Thorsten Grödel zur Verfügung gestellt.